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Oder - Neiße Radweg
Vom 3.9.-10.9.2011
Ein Reisebericht von Oskar Ziegler
Eine Radtour, durchgeführt von und Sepp Steger
und Oskar Ziegler.
Die Idee zu dieser Tour kam von Sepp.
Dieser Radweg ist Deutschlands östlichster
Radfernweg. Er führt auf eine Länge von ca. 600 km von der Neiße Quelle in
Tschechien durch die Länder Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern bis
zum Oderhaff
an der Ostsee und bildet die Grenze zu Polen.
Wir waren insgesamt 6 Tage am Radweg unterwegs
und hatten im Großen und Ganzen gesehen gutes Radwetter. Die Anreise erfolgte
per Auto und die Rückreise mit der Bahn.
3.9.2011
St. Pölten - Nova Ves
Ich wurde von der Familie Steger, (Sepp,
Reinhilde und Helgard) eingeladen mitzufahren und um 8.30 Uhr von zu Hause
abgeholt. Die Räder wurden am Radträger, der hinten auf der Anhängevorrichtung montiert
war, befestigt. Helgard hatte sich als Fahrerin zur Verfügung gestellt. Über
Zwettl, Naglberg (Grenzübergang nach Tschechien) fuhren wir nach Prag und dann
auf der Autobahn. Um 12.30 Uhr machten wir Pause bei einem Cafe und aßen unsere
Wurstsemmeln, mit denen uns Helene versorgt hatte. Um ca. 14.00 Uhr waren wir
in Gablonz
und fuhren zur Neiße Quelle (Pramen Nisy).
Der Ursprung der Neiße befindet sich im Wald, etwas
außerhalb von Nova Ves und ist mit einem Gedenkstein markiert. Die Neiße ist
hier ein kleines Bächlein. Anschließend begaben wir uns auf Zimmersuche. Nach
einigen erfolglosen Bemühungen, in mehreren Pensionen war niemand anwesend,
konnten wir in der Pension Majak zwei Zimmer belegen. Da wir bis zum Abendessen
noch genügend Zeit hatten, fuhren wir mit dem Auto nach Jablonec (Gablonz). Nach
einer kurzen Stadtbesichtigung fuhren wir nach Liberec (Reichenberg). Ein
Bummel in der Fußgängerzone folgte und dann besuchten wir ein Cafe und tranken
tschechisches dunkles Bier.
Anschließend fuhren wir zum Abendessen zurück
in die Pension Majak. Der Rindsbraten (Zwickova) mit böhmischen Knödeln
schmeckte ausgezeichnet. Dazu tranken wir mährischen Rotwein und rundeten das
Ganze mit einem Stamperl Wacholderschnaps ab. Um 22.30 Uhr gingen wir zu Bett.
Die Nächtigung samt Abendessen mit Getränken
war preislich sehr günstig, € 34 p.P.
4.9.2011
Nova Ves – Görlitz
Nach dem Frühstück verabschiedeten wir uns von
Reinhilde und Helgard. Mutter und Tochter blieben noch einen Tag hier und
unternahmen eine Tageswanderung, bevor sie am darauffolgenden Tag heimfuhren.
Sepp und ich, bestiegen um 9.00 Uhr unsere
Tourenräder und radelten bei angenehmen Morgentemperaturen am Radweg in
Richtung Liberec. In ständigem bergauf (die Steigungen waren nur kurz
aber dafür umso giftiger) und bergab ging es entlang des Baches, der hier noch
klares Gebirgswasser führt, weiter. Auf einer Baustelle bei Chrastava
fuhr Sepp bis über die Felgen durch den zementartigen feinen Sand und
„panierte“ sein Rad. In Hartau kamen wir zu Mittag an. Dort
war gerade das Höfefest mit Musik in Gange. Wir unterbrachen die Fahrt,
mischten uns unter das Volk, konsumierten Bier und Bratwurst und nahmen am
Geschehen teil. Entlang der Lausitzer Neiße fuhren wir bei Zittau
über die Grenze in die BRD Deutschland, Bundesland Sachsen.
Nach einer Wegstrecke entlang der Bahn kamen
wir nach Hirschfelde. Die Gegend wurde zunehmend flacher, das Neiße
Flussbett breiter, das Wasser aber milchig trüb. Hier bildet die Neiße die Grenze
zu Polen. Eine Waldschlucht führte zum berühmten Klosterstift St. Mariental.
Nach kurzem Aufenthalt radelten wir weiter. Am Bahnviadukt bei Ostritz
vorbei erreichten wir Hagenwerder. Ein riesiger Schaufelradbagger
zeugt noch vom ehemaligen Tagebau Berzdorf. Der ca. 2.000 ha große,
gleichnamige See ist jetzt Naherholungsgebiet für die Stadt Görlitz
und Umgebung. In Weinhübel machten wir dann eine
Bierpause.
Nach einer Fahrzeit von 5 ½ Std., 97 km und
529 hm erreichten wir die Stadt Görlitz. In der Altstadt
fuhren wir zum Fremdenverkehrsbüro und buchten in der Pension Pico Bello zum
Preis von € 56.-- ein DZ. Nach dem Duschen und Umziehen gingen wir zu Fuß in
die Stadt.
Die Stadt Görlitz ist im WK 2 fast unzerstört
geblieben. Sie bildet heute ein einzigartiges denkmalgeschütztes Ensemble aus
ca. 4.000 Baudenkmälern und weist eines der besterhaltendsten historischen Stadtbilder
auf. Die sorgsam sanierte Innenstadt spiegelt die Baukunst aus mehr als 6 Jhdt.
wider. Wir machten einen Bummel durch die Altstadt und gingen dann im GH zum Flyns
schlesisch essen.
Die Pension Pico Bello war eine ehem. Tuchfabrik
und wurde nach der Wende in einen Beherbergungsbetrieb umgebaut.
5.9.2011
Görlitz – Forst
Um 7.30 Uhr bedienten wir uns beim reichlichen
Frühstücksbüfett in der Pension und fuhren anschließend in die Innenstadt.
Bereits am Vortag machte das Mittelgetriebe am
Rad von Sepp beim Treten Knackgeräusche. Um einen ärgeren Schaden zu vermeiden,
suchten wir ein Radgeschäft auf. Der Mechaniker tauschte die Patrone aus und um
10.45 Uhr konnten wir unsere Fahrt fortsetzen.
Am gut beschilderten und asphaltierten Radweg
passierten wir die Orte Klingenwalde, Ludwigsdorf, Zodel und
Deschke. Der gut ausgebaute Radweg führt nun kilometerweit in einsamer
Gegend durch Kiefernwald. Ab der Kulturinsel Einsiedel radelten wir
durch Flusslandschaften und reizvolle Neißeauen bis Rothenburg. Wir fahren
entlang einer Straße bis Lodenau und weiter an der Lausitzer
Neiße über Steinbach, Podrosche, Werdeck, Skerbersdorf, Sagar bis Bad
Muskau. Berühmt ist hier der Fürst Pückler-Park. Dieser Park wurde 1815
von Hermann
von Pückler-Muskau geplant, errichtet und von seiner Gattin Lucie,
Reichsgräfin von Pappenheim, finanziert und 2004 in das UNESCO Weltkulturerbe
aufgenommen.
Bei einem Imbissstand konsumierten wir Bier
und Bratwurst und rundeten das Ganze mit Kuchen und Cappucino ab. Wir reisten
weiter durch sehr dünn besiedeltes, von Schafherden beweidetes Heidebauerngebiet
und befinden uns jetzt im Bundesland Brandenburg.
10 km vor der Stadt Forst (Lausitz) begann es
zu regnen und wir suchten uns rasch eine Unterkunft. Im Hotel „Haufe“ nahmen wir
zum Preis von € 67,-- ein DZ.
Die mittelalterliche Stadt beheimatete Tuchmacher
aus Schlesien. Es entstanden Tuch- und Leinenmanufakturen. Aber erst
mit Beginn
der Industrialisierung und des industriellen Braunkohleabbaus in der
Lausitz übernahm die Textilindustrie (dampfbetriebene
Webstühle) die Vorherrschaft. Forst wurde auch als das „deutsche
Manchester“ bezeichnet.
Durch den Arbeitskräftebedarf stieg die
Bevölkerungszahl innerhalb von 100 Jahren (von 1820 -1920) auf mehr als das
10-fache an. (von 2.000 auf 25.000 Einwohner im Jahre 1920.
Wir nahmen im Hotel das Abendessen ein und gingen
bald schlafen.
An diesem Tag saßen wir 5 Stunden am Sattel und
legten 99 km zurück.
6.9.2011
Forst – Frankfurt/Oder
In der Nacht zogen Gewitter durch und hörten
erst um fünf Uhr früh auf.
Am Morgen war es dafür strahlend schön. Um
Viertel vor neun Uhr bestiegen wir unsere Reiseräder und fuhren weiter. Am Ende
der Stadt verläuft der Radweg durch Aulandschaft stets entlang der
Lausitzer Neiße bis Guben. Auch hier wurden traditionell Tuche und Hüte
hergestellt. Im 19. Jhdt wurde die Stadt zu einem bedeutenden Standorte der
Hutindustrie. Der Firmengründer Wilke erfand den witterungsbeständigen Wollfilz.
Allein im Jahr 1927 wurden in der Fabrik zehn Millionen Hüte und Stumpen hergestellt.
Die Qualität wurde weltweit geschätzt (Gubener Hüte - weltbekannt für ihre
Güte“).
Nach dem 2.WK wurde die Stadt geteilt. Der nun
in Polen liegende Stadtteil wurde in Gubin umbenannt.
Seit 2006 ist in der ehemaligen Tuchfabrik die
Plastinationsfabrik
des Gunther von Hagen untergebracht. Die weltweit erste Schauwerkstatt
zur Plastinierung von Leichen hat im Vorfeld der
Ansiedlung heftig geführte Debatten um Ethik und Moral ausgelöst.
Inzwischen haben zahlreiche Besucher im In- und Ausland die Ausstellung
Körperwelten besucht die auch in Wien recht erfolgreich war.
Wir hatten Verlangen auf eine Jause,
unterbrachen die Radfahrt um in einer Bäckerei Quarktascherln und Häferlkaffee
zu einem günstigen Preis zu konsumieren.
Nach dieser Rast radelten wir weiter denn bis
zur Mündung
der Neiße in die Oder bei Ratzdorf waren es nur mehr 17 km. Bei der
Mündung angelangt, gingen wir zu Fuß das letzte Stück hinab zum Fluss. Ruhig
und weit fließt nun die Oder nach Norden. Ich machte ein paar Fotos und wir
fuhren weiter. Es wurde zunehmend windiger und mit Rückenwind erreichten wir bald
Eisenhüttenstadt.
Nach dem Ende des WK 2 wurde zwischen dem
mittelalterlichen Fürstenberg und dem Bergarbeiterdorf Schönfließ ein Industriestandort
geschaffen. Hochöfen und Werke für die Eisen und Stahlproduktion wurden im
Jahre 1950 errichtet. Auch ein Kaltwalzwerk wurde 1968 gebaut.
Heute ist das Stahlwerk Arcelor Mittal Eisenhüttenstadt GmbH
eines der modernsten Flachstahlproduzenten Europas und beliefert
schwerpunktmäßig die Autoindustrie.
Die Schaltung am Rad von Sepp funktionierte
nicht mehr einwandfrei und so mussten wir wieder eine Fahrradwerkstätte
aufsuchen. Der Mechaniker im Phönix Fahrrad Shop stellte die
Schaltung ein und empfahl uns, einen lohnenden Abstecher zum Helenesee
bei Lossow, der neben unserer Reiseroute liegt, zu unternehmen. Der Radweg
führte nun entlang der Autostraße durch Vogelsang, Ziltendorf bis Wiesenau.
Bei einer Baustelle mussten wir etwas umständlich eine Umfahrung in Kauf nehmen.
Schließlich erreichten wir über Brieskow-Finkenheerd und eine Straßensteigung
Lossow
und dann den Helenesee.
Der über 250 ha große See ist aufgrund seines
sehr klaren Wassers und der feinen Sandstrände als Badesee sehr beliebt. Wir
hatten aber keine Lust auf ein Bad, es war sehr windig und wenige Gästewaren anwesend.
Das Restaurant war bereits geschlossen nur der Asia Stand hatte noch offen. Wir
tranken ein gr. Bier, aßen dazu eine Bockwurst und sahen einem Surfer, der
immer wieder ins Wasser fiel, bei seinem Kampf mit den Elementen zu.
Alsbald fuhren wir weiter, denn wir wollten
unser Etappenziel, die Stadt Frankfurt/Oder, erreichen. Der
freundliche Fahrradmechaniker in Eisenhüttenstadt hatte uns das Hotel „Zur
alten Oder“ empfohlen. Also radelten wir weiter nach Güldendorf.
In Nähe der Insel Ziegenwerder befand sich das Hotel
„Zur Alten Oder“. Nach einer Fahrzeit von 5 ½ Std und einer Strecke von
104 km erreichten wir unser Ziel.
Wir nahmen im Hotel um € 72,--ein DZ,
duschten, zogen uns um und gingen zu Fuß in die Altstadt. Zum Abendessen besuchten
wir den Rathauskeller. Die XL Portion des „Brandenburger Entenbratens“ war
nicht nur viel sondern auch sehr schmackhaft, so dass uns der Rückweg ins Hotel
zwecks Verdauung sehr gelegen kam.
7.9.2011
Frankfurt/Oder – Hohenwutzen
Frankfurt/Oder wurde im 13.Jhdt.
gegründet. Als Kreuzungspunkt wichtiger Handelsstraßen wurden die Händler zur Durchfahrt
verpflichtet und mussten auf die Dauer von drei Sonnenuntergängen
den Frankfurtern ihre Waren anbieten. Dies, und die hohen Zolleinnahmen
begründeten den wachsenden Reichtum der Stadt. 1945 fiel die Dammvorstadt
auf Grund des Potsdamer Abkommens an Polen. 1951 begann man mit dem
Wiederaufbau der im WK 2 fast völlig niedergebrannten Innenstadt .In den 1980er
Jahren erfolgte eine umfangreiche Restaurierung von historischen
Gebäuden.
Nach dem Frühstück kamen wir mit der
liebenswürdigen Chefin des Hotels, Frau Ilona Kohn, ins Gespräch. Sie
erzählte uns Begebenheiten aus ihrem Leben und dass in der DDR, in der sie
aufwuchs, nicht unbedingt alles schlecht war. Mit beiderseitigen guten Wünschen
verabschiedeten wir uns. Leider regnete es wieder und wir starteten um 9.30 Uhr mit
Regenbekleidung.
Gleich zu Beginn war der Radweg rechts führend
als Alternativradweg bezeichnet den wir benützten. Das war keine gute Idee,
denn nach ca. 4 km verlief sich der bisher schon sehr holprige Weg in nasse
Wiesen, die von Wasser führenden Gräben durchzogen waren. Wir fuhren retour und
nahmen den linken Radweg. Schon bald kam die Sonne durch und der Wind frischte
auf. Mit kräftigem Rückenwind radelten wir mit stattlichem Tempo (25-30
Stundenkilometer) vorwärts. Ab Lebus führte der Radweg am Damm durch
Oderauen.
Nun schwenkt die Oder gegen Westen. Ab Küstrin-Kietz, am Zusammenfluss von
Oder und Warte, führt der Radweg durch den Oderbruch.
Dieser 60 km lange und 10 bis 15 km breite
Landstrich ist verhältnismäßig dünn besiedelt. Die Niederung hat eine
Gesamtfläche von 640 Quadratkilometer und liegt zum Teil deutlich unter dem
Oderspiegel.
Ursprünglich war das Oderbruch eine Sumpflandschaft,
wurde aber ab dem 4.Jhdt. so nach und nach von Burgunder, Slawen und märkischen
Askanier besiedelt. Ab dem 13. Jhdt. wurden bereits Deichanlagen zum Schutz von
Hochwasser gebaut. Eine planmäßige Trockenlegung des Oderbruchs zum
Zwecke der Landerweiterung wurde Mitte des 18. Jhdt. durch den
Preußenkönig Friedrich II. realisiert. Trotzdem kam es immer wieder zu
Überschwemmungen bei Hochwasser. Bei der letzten Jahrhundertflut im Jahre 1997
waren 14.000 Helfer im Einsatz und wurden Millionen Sandsäcke zum Schutz der
Deiche verbaut. Letztendlich wird über eine Rücknahme der
Bewirtschaftungsflächen zur Schaffung von neuen Überflutungsflächen nachgedacht
Auf der Fahrt im Oderbruch sahen wir nur
vereinzelt Häuser und kleine Bauerhöfe, dafür aber viele, bis zum Bauch im
Wasser watende, grasende Kühe. Wir hatten nunmehr strammen Gegenwind und
mussten ca. 30 km kräftig in die Pedale treten. Bei Bleyen war die
Streckenführung etwas verwirrend. So um die Mittagszeit kehrten wir im GH
„Zum Wagenrad“ ein, konsumierten Gulaschsuppe und Bier. Auch bis Kienitz
blieb uns der Gegenwind die folgenden 30 km erhalten. Zu allem Überfluss fing
es ein paar Kilometer vor Hohenwutzen stark zu regnen an. Ziemlich befeuchtet
bezogen wir im Hotel Restaurant „Zur Fährbuhne“ ein DZ um € 75,-- An
diesem Tag fuhren wir ca. 90 km. Zum Abendessen gab es Zanderfilet.
8.9.2011
Hohenwutzen - Löcknitz
Nach dem Frühstück verließen wir um 9.00 Uhr
bei leichtem Regen das Hotel.
Nach 3 km hatte Sepp eine Reifenpanne. Ein
kleiner Glassplitter ließ die Luft im Hinterreifen entweichen. Der mitgebrachte
Reifenabdichter
aus der Patrone war für die Katz, denn der Schaum trat bei dem Löchlein wieder aus.
Also musste der Schlauch gewechselt werden. Um eine Erfahrung reicher radelten
wir weiter.
Der Radweg nach Stolpe war gesperrt, die
Sonne kam hervor und wir fuhren entlang der Oder bis Stützkow. Wegen
Dammsanierungsarbeiten war hier eine Umleitung. Einige Hm bergauf mussten
bewältigt werden bis wir Criewen und bei Zützen den Oderdamm
erreichten. Nun fuhren wir am Radweg entlang der Hohensaaten-Friedrichsthaler
Wasserstraße bis Schwedt.
Hier fing es leider wieder zu regnen an.
Obwohl die 35.000 EW zählende Stadt einen Aufenthalt wert gewesen wäre
(Fischereimuseum, Tabakmuseum, Kirche usw.), hatten wir auf eine Besichtigung
keine Lust und fuhren nach einer Fotografierpause weiter.
Die Gegend zwischen Oder und Randow
ist vorzüglich für den Tabakanbau geeignet. Von der Kurfürstin Dorothea
von Holstein-Glücksburg bekam im Jahre 1685 jede Familie einen
kleinen Garten um Tabak für den Eigenbedarf anzubauen. Daraus sieht man, dass früher
Adelige für den Rauchgenuss des Volkes etwas übrig hatten.
Die Stadt liegt direkt am Nationalpark „Unteres
Odertal“ und bietet zahlreiche Kultur und Freizeitaktivitäten.
Wir radelten nunmehr direkt am Kanal entlang,
überquerten die Teerofenbrücke und waren bald in Gartz. Da wir bisher
schon 55 km bewältigt hatten und es gerade Mittag war, kehrten wir in einem GH
am Weg auf Spaghetti ein. Nach dem Mittagsmahl radelten wir bei gutem Wetter
durch den Nationalpark Unteres Odertal weiter. Dabei hatten wir
erstmals Gelegenheit, zahlreiche Vögel zu sehen, die sich im Wasser tummelten. Nun
verlief der Radweg durch Wald und bald kamen wir nach Mescherin. Nach diesem
Ort verlässt der Radweg die Oder. Sie fließt nunmehr durch Polen
zur Stadt Stettin von wo sie dann weiter in das Haff zur Ostsee mündet.Wir
fahren jetzt im Bundesland Mecklenburg –Vorpommern.
Das Landschaftsbild änderte sich grundlegend.
Die Gegend wurde zunehmend hügeliger und waldreicher. Der Radweg verlief
nunmehr genau nach Westen. Das spürten wir auch am Gegenwind. Der Radweg führte
nunmehr in ständigem bergauf und bergab über Staffelde,
Neurochlitz,
Tantow bis Schönfeld. Hier überraschte uns wieder ein Regenschauer der
uns bis Pekun, Krackow und Lebehn begleitete. Erst ab Sonnenberg,
was für ein Zufall, schien wieder die Sonne. Bergauf erreichten wir Ramin
und an der Abzweigung zur „tausendjährigen Eiche“ fuhren wir geradeaus nach insgesamt
117 Tageskilometern und einer Fahrzeit von mehr als 6 Stunden nach Löcknitz.
In der Pension „Haus Sassenberg“ übernachten wir um €
20,-- p.P. Die Pension war zwar einfach eingerichtet, das WC am Gang, aber wir waren
die einzigen Gäste im Haus und die Vermieter, ein älteres Ehepaar, waren sehr
freundlich. Auf Empfehlung der Hausleute fuhren wir in den Ort und gingen im GH
„Wanja“ bulgarisch Essen. Wanja kochte für uns kulinarische Köstlichkeiten.
Die Speisen schmeckten ausgezeichnet, es gab Tatarsko-Küfte, gef.
Paprika mit Champignon und Schafkäse und dazu viel gegrilltes Gemüse. Wir
tranken Bier und Wein und zur Verdauung ein Glas bulg. Schnaps „Mentha“. Für
uns beide machte alles zusammen incl. Getränke € 29,-- aus. Mit vollem Bauch
legten wir uns schlafen.
9.9.2011
Löcknitz – Ueckermünde
Nach einem guten und reichlichen Frühstück
radelten wir nach 9.00 Uhr weiter. Der Morgen bescherte uns Sonnenschein und
angenehme Temperaturen. In Plöwen radelten wir über rumpliges,
denkmalgeschütztes Kopfsteinpflaster. Zum Glück war das nur auf einem kurzen
Abschnitt. Für Radtouristen wäre das auf Dauer unzumutbar. Deshalb wurde für
die Errichtung eines mit Betonsteinen gepflasterten, kilometerlangen, ebenen
Radweges viel Geld in die Hand genommen. Nur durch die Orte ging es fallweise
noch über das berüchtigte Pflaster.
Wenn man bedenkt, dass beim 258 km langen Profiradrennen
Paris-Roubaix
50 km weit auf Kopfsteinpflaster durch die „Hölle des Nordens“, mit Steigungen
bis zu 20 % gefahren wird kann man sich vorstellen, wie dabei die Fahren
durchgebeutelt werden.
Wir sichteten beim Blankensee erstmals Kraniche
und fuhren weiter bis Hintersee. Die Schilder weisen uns nun
nach rechts auf einen unbefestigten, aber sehr gut befahrbaren Rad-und Fußweg,
den Bahndamm der ehemaligen Randower Kleinbahn, der uns durch
den Naturpark „Am Stettiner Haff“ führte. Ludwigshof und Rieth
waren die nächsten Orte. Bei einem Würstelstand machen wir Halt und konsumieren
zum Okkasionspreis von € 2.50 eine Flasche Bier samt Bockwurst und Semmel. Vor
uns liegt der Neuwarper See und wir sehen am Horizont bereits die
Ostsee. Die letzten Kilometer nach Warsin und Bellin waren bald zurückgelegt
und vor Ueckermünde gingen wir noch kurz zum Strand am Haff.
Um 13.00 Uhr kamen wir in Ueckermünde an und
suchen den Bahnhof. Wir mussten erst Passanten fragen wo sich der Bahnhof
überhaupt befindet. Er war nicht größer als eine Bushaltestelle. Auf einer
Tafel werden die Bahnfahrer darauf hingewiesen, dass Fahrkarten entweder im Zug
bzw. im Stadt-Reisebüro zu kaufen sind.
Also suchten wir besagtes Büro auf. Die
Angestellte war kompetent und zuvorkommend. Sie suchte uns für die Heimfahrt am
nächsten Tag geeignete Züge heraus. Wir buchten die Heimfahrt über Bützow
und ab Hamburg mit dem Nachtzug im Liegewagenabteil bis St.P. Sie war
außerdem so freundlich, uns für die Nächtigung eine Privatpension am Hauptplatz
zu nennen. Der geschwätzige Vermieter der großen Ferienwohnung, Herr Kliewe,
erklärte uns des Langen und Breiten die Handhabung des Fernsehers sowie des Spülkastens
beim WC. Er verlangte von uns für die Nächtigung € 20.- p.P. aber ohne
Frühstück.
Wir befreiten uns von der Radbekleidung, duschten
und machten anschließend einen Bummel durch die Stadt zum Jachthafen.
Wir fuhren an diesem Tag in 3 ½ Std.61 km.
Um 18.00 besuchten wir im Ueckerpark das Open
Air Konzert, „ Das Beste aus 10 Jahren“ des Big Band Haff Orchesters.
Eintrittspreis € 5,--. Die Band spielte Oldies von amerik. Komponisten (Glen
Miller, Benny Goodman usw.) und viele andere bekannte Musikstücke (z.B. die Moonleight
Serenade). Außerdem traten Solosänger auf und Club-Amateurtänzer
tanzten zu den Klängen der Band. Nach Ende des Konzertes gingen wir in das
benachbarte Restaurant essen.
10.- 11.9.2011
Heimreise mit der Bahn von Ueckermünde nach St. Pölten
Da unser Zug vom Ueckermünde Stadthafen erst
um 14.03 Uhr abfuhr, hatten wir noch den ganzen Vormittag Zeit und brauchten
uns auch für das Frühstück nicht zu beeilen. Gegen Neun Uhr gingen wir in die
Bäckerei-Konditorei am Hauplatz frühstücken. Unser Gepäck und die Räder konnten
wir im Garten des Ferienhauses deponieren Das Frühstücksangebot war reichlich
und kostete im Vergleich zu einem gleichen Frühstück im Punschkrapferl in St.P.
die Hälfte. Bei der freundlichen Gattin des Vermieters bezahlten wir die
Nächtigung.
Anschließend gingen wir in der Stadt noch eine
große Runde und zu Mittag kehrten wir beim Türken ein und aßen eine Pizza.
Pünktlich um 14.03 Uhr bestiegen wir den Zug
OLA 79806 nach Bützow wo wir um 17.17 Uhr ankamen. Wir stiegen in den Zug RE
4314 um der ab 17.28 Uhr nach Hamburg fuhr. Ankunft um 19.35 Uhr.
Hier hatten wir eine Stunde Zeit, kauften uns am Bhf Getränke und bestiegen zeitgerecht
den Nachtzug EN 491, der um 20.34 Uhr abfuhr. Wir hatten ein
4-Personen-Liegewagenabteil gebucht. Mit uns im Abteil war noch ein junges Paar
aus Hamburg die eine Motorradreise nach Kroatien geplant haben und mit der Bahn
bis Wien fahren wollen. Das Motorrad fuhr hinten am Autoreisewaggon mit. Wir
unterhielten uns mit ihnen ausführlich über dieses und jenes und legten uns so
gegen 23.00 Uhr schlafen. Um 8.16 Uhr, am 11.9.2011, kamen wir am St.P. Hbf an.
Für die Bahnfahrt bezahlten wir einschließlich
Fahrräder und Liegewagen zusammen € 339,- wobei wir allein für den Platz im
Liegewagen der ÖBB € 84,-- löhnten.
Resümee der Reise:
Die Radtour Oder-Neiße war eine
Bereicherung zu unseren bisherigen Radreisen. Der Radweg ist auf weite Strecken
sehr gut ausgebaut, asphaltiert und durch die Orte und Städte kilometerlang mit
Betonsteinen befestigt. Auch die unbefestigten Streckenteile waren gut zu
fahren, die Beschilderung ist ausreichend, insbesondere in Deutschland. Wir
trafen durchwegs freundliche und hilfsbereite Menschen. Auch mit den Quartieren
hatten wir keine Probleme. Das Preis-Leistungsverhältnis war in Ordnung, das Essen
und Trinken passte. Führte der Radweg über schmale Nebenstraßen, dann waren die
Autofahrer gegenüber uns Radfahrern sehr rücksichtsvoll, kaum einer hupte.
Für Tourenfahrer, die flache Strecken
bevorzugen und die eine Antenne für Natur pur haben, ist dieser Radweg bestens
zu empfehlen.
St. Pölten, Radlberg am 21.11.2011
Der Verfasser Ossi Ziegler